Der Tag der Toten
Man mag es makaber finden oder nicht. Am 2. November ist der Tag der Toten und was macht Mexiko? Fiesta!
Wen sich in der Hauptstadt Mexikos an die zwei Millionen Menschen aufmachen um die Friedhöfe zu bevölkern, der Duft des Räucherharzes Copal durch die Luft wabert und die Mariachis in einem Atemzug traurig triefende und dann himmelhochjauchzende Schmachtfetzen trällern ist es wieder soweit. Mexiko feiert den Día de Muertos, den Tag der Toten.
Ofrendas (eine Art Altar) zieren Schaufenster, Spielplätze, Friedhöfe, Straßen und biegen sich unter den skurrilsten Dingen: Totenköpfe aus Schokolade oder Zuckerguss, Zigaretten, Tequila, Fotos, das süßliche Totenbrot Pan de Muertos, Kerzen, eine CD oder vielleicht auch ein paar abgegriffene Spielkarten. Kreuze aus Blumen liegen vor den Ofrendas und anhand deren Dekoration entsteht ein Bild der verstorbenen Person in meinem Kopf. Auf dem Foto sehe ich einen dicken Mann mit Schnauzbart. Wer war dieser Mann? Vieleicht war er ein Trinker, der seine Freitagabende nicht bei Haus und Familie, sondern in kleinen verrauchten Tequila-Stuben verbrachte und seine harterarbeiteten Pesos beim Kartenspiel verlor.
In Mexiko ist der Tag der Toten ein ausgelassenes Fest.
Gefeiert wird diese Tradition jedes Jahr von der Nacht vom 31. Oktober bis zum 2. November. Der Duft der Ringelblumen und Chrysanthemen soll den Toten den Weg nach Hause weisen und wenn sie dort erst einmal angekommen sind, können sie sich an Speiß und Trank laben. Drei Tage haben sie dazu Zeit, denn danach werden die Lebensmittel auf den Ofrendas nicht etwa weggeworfen, sondern von der Familie gegessen. Der fehlende Geschmack ist dann nicht etwa ein Zeichen der voranschreitenden Alterung des Essens, sondern dafür, dass der Verstorbene sich satt gegessen hat.
Hätte ich diese Tradition unvorbereitet erlebt, wäre ich vielleicht kopfschüttelnd an den Familien vorbeigelaufen, die ein Picknick am Grab ihres Großvaters, oder ihres Bruders veranstalten, gar eine ganze Nacht an den Gräbern ausharren. Doch ist es nicht eine schönere Geste zusammen mit den Toten zu feiern, ihrer zu Gedenken und sie zu ehren, als unser tränenreiches Allerheiligen?
Vielerorts ist der Día de muertos der verzweifelte Versuch eine mexikanische Tradition, die schon in vorspanischer Zeit von den Azteken zelebriert wurde, am Leben zu erhalten.
Doch die Konkurenz ist nicht aufzuhalten. Sie kommt aus dem Norden und heißt Halloween.
Neueste Kommentare